SPRUNG AN DIE SPITZE: 25% MEHR FRAUEN IN DER GESCHÄFTSLEITUNG

Der Schillingreport 2020 zeigt, die Zahl der Schweizer Top-Managerinnen wächst. Trotzdem fällt die Schweiz im Vergleich zu Europa weiter zurück.

Dass die Schweizer:innen langsam seien, ist ein Klischee in Deutschland, welches genauso wenig stimmt wie das Klischee, dass Deutsche ihr Bier ohne Bitte und Danke bestellen. Hat man allerdings in den vergangenen Jahren auf den Anteil der Top-Managerinnen in Schweizer Firmen geschaut, konnte man sich gut an dieses Vorurteil erinnert fühlen. Der Anteil der Frauen stieg zwar, jedoch nur sehr langsam.

Die gute Nachricht lautet deshalb, im Jahr 2020 sind mehrere Knoten geplatzt. Die Kennziffer in der Entwicklung des Frauenanteils ist im Vergleich zum Vorjahr sprunghaft angestiegen. Es hat nun 25% mehr Frauen in den Geschäftsleitungen der grössten Schweizer Firmen. Dies zeigt der diesjährige Schillingreport, welchen Studienleiterin Silvia Coiro und Executive Researcher Guido Schilling vorgestellt haben.

94 Frauen in der Geschäftsleitung der Top 100

In absoluten Zahlen heisst das, dass 2019 75 Frauen in der operativen Führung der Top 100 Schweizer Firmen waren. 2020 sind es 94 Frauen. Dies ist das erste Jahr in der Schweizer Geschichte, in dem mehr grosse Firmen eine Frau in der Geschäftsleitung haben, als es Firmen ohne Frauen im Top-Gremium gibt. 22 Unternehmen zählen mindestens zwei Frauen in der Geschäftsleitung.

Lange Zeit der Stagnation überwunden

Seit 15 Jahren wird der Schillingreport jährlich aufgelegt. Der Vergleich über die Jahre ist interessant. Wie die Entwicklung von 2016 bis 2020 zeigt, wächst die Zahl der Frauen in den wichtigsten Gremien nun stetig. Jedoch ist es ein Wachstum ausgehend von einem niedrigen Niveau. In den Verwaltungsräten der Top 100 hat der Frauenanteil innert fünf Jahren um 7% zugenommen. Er liegt nun bei 23%

Der Anteil der Frauen in der Geschäftsleitung der grössten Firmen liegt bei 10%. Bei der Teppichetage der SMI-Firmen hat sich der Frauenanteil innert fünf Jahren auf 12% verdoppelt. Die grössten Arbeitgeber des Bundes sind bei diesem Thema seit Jahren ein ganzes Stück voraus. Hier ist mittlerweile jedes fünfte GL-Mitglied eine Frau.

Ein tieferer Blick in die Strukturen der Firmen zeigt, dass die Entwicklung in den Unternehmen verwurzelt ist. 61% der Managerinnen, welche dieses Jahr in die Geschäftsleitung aufgestiegen sind, wurden intern befördert. Bei den Männern waren es 59%. Dies zeigt, dass die Firmen begonnen haben, die hochqualifizierten Frauen in ihren eigenen Reihen wahrzunehmen.

Im Jahr 2016 sah das noch ganz anders aus. Bei den Männern waren es 67%, welche intern auf eine Position in der Geschäftsleitung befördert wurden, bei den Frauen nur 22%. Guido Schilling sagt dazu, er sei zuversichtlich, dass das aktuelle Wachstum keine vorübergehende Entwicklung sei, sondern dass ein neues Zeitalter angebrochen sei.

Das bedeutet in absoluten Zahlen also, dass 2016 fünf Frauen in die Geschäftsleitung befördert wurden. Drei davon intern. 2020 waren es 33 Frauen, davon20 intern. Bei den Männern schaffen es jährlich ca. 120 in die oberste Führungsetage. Diese Zahl hat sich seit zehn Jahren nicht gross verändert.

Die Schweiz hinkt hinterher

Auch wenn die Zahl der Frauen in den Top-Jobs wächst, ist das Tempo der Entwicklung in der Schweiz so niedrig, dass sie im europäischen Vergleich weiter zurückfällt.